Der
Charakter unserer Fahrt damals wäre oder ist heute eine sportlich
kulturelle Aktivität, die Jugendliche selbstverständlich ohne
politische Hindernisse beim Kennenlernen befreundeter benachbarter
Länder unternehmen, ohne politische
Überraschungen zu erleben wie wir 1984. So war das bei
unserer schon etwas außergewöhnliche Radfahrt bis
Bratislava ursprünglich
auch abgelaufen. Wir hatten
gastfreundliche und nette Leute im
Land CSSR erlebt. In Bratislava durften wir sogar bei einer
befreundeten Familie von Burkhard die Nacht verbringen und
Gastfreundschaft erfahren und für einen Tag hatten wir unsere
Räder dort abgestellt und erkundeten Stadt und Umgebung Aber dann passierte uns eine Geschichte in Form einer abenteuerliche Unterbrechung, die wir nicht erwartet hatten. Bevor es in Richtung Budapest über die ungarische Grenze nach Komarno mit unseren Rädern weiter gehen sollte, sahen wir uns zu Fuß und Bus noch ein wenig in der slowakischen Metropole um. Wir folgten noch der Idee, die Burg Devin zu besuchen. Von dort aus sollte man an bei guter Sicht bis zum benachbarten österreichischen Hauptstadt Wien schauen können. Die etwas außerhalb von Bratislava befindliche Burg erreicht man per Linienbus. Die Burg nennt sich auch Theben oder tschechisch Devinsko Hrad, befand sich auch als Druckbild auf der Rückseite eines früheren tschechischoslowakischen Geldscheinscheins. Auch damals verlief die Grenze nach Österreich durch die Donau allerdings stark bewacht bei Devin aber auch von Norden kommend schon bei eine kleinem Nebenfluss (die March). Die Grenze war Bestandteil des Eisernen Vorhangs zwischen Ost- und Westeuropa. Also Burkhard und ich fuhren unbefangen mit dem Bus zu dieser historischen Stelle um die Burg zu besichtigen. Es war allerdings an diesem Tag Montag (28.04.1984) und auch da war wie auch bei uns Besichtigungs-Ruhetag, was wir nicht bedacht hatten. Die Burganlage war leider geschlossen und mein Radfreund und ich schauten uns um nach Rückfahrtzeiten nach Bratislava mit dem Bus. Plötzlich tauchte ein Militärjeep auf, hielt an und widmete sich uns, Ausweiskontrolle und was wir hier wöllten. Aber das genügte nicht, man nahm uns fest verbrachte uns in den Jeep und fuhr mit uns davon. Wir wurden auf ein ländliches Revier gefahren, nach weiteren Umständen befragt, u.a. wo wir in Bratislava zu Gast waren und mussten ohne weiter Erklärung den ganzen Nachmittag warten. Es war der Grenzschutz der CSSR. Am späten Nachmittag plötzlich wurden wir ohne großen Kommentar wieder auf einen offenen Jeep verfrachtet. Neben uns zur Bewachung Soldaten mit Kalaschnikow, und der Jeep fuhr mit uns in das Bratislavaer Neubaugebiet, wo unsere slowakischen Gastgeber wohnten. Mitten im Feierabendgetümmel mussten wir zwischen Bewohnern, die unterwegs waren, in die obere Etage des Neubaublocks und man klingelte unsere Gastgeber heraus, die uns ganz erschrocken in dieser unerwarteten Begleitung überraschend wiedersahen. Die Grenzer hatten nämlich beschlossen, uns außer Landes zu bringen. Da wir ja mit unseren Rädern, die bei unseren Freunden abgestellt waren, weiter nach Ungarn wollten, sollten wir nun damit zum Grenzübergang Rajka fahren, immerhin selbstständig aber ohne Papiere, denn unsere Ausweise waren weiterhin vom Grenzschutz eingezogen. Es ging wenigstens noch so freundlich zu, dass unsere Gastgeber uns noch Stullen schmieren durften als Reiseverpflegung. Danach mussten wir uns verabschieden bei unseren Freunden, wir setzten uns auf unsere Räder und fuhren in Begleitung des Militärjeeps in Richtung Grenzübergang Rajka. Das verlief sogar recht locker, denn zunächst fuhr der Jeep voran und als die Ausfahrtsstraße gefunden war, auch hinterher oder war zeitweise gar nicht zu sehen. Es waren etwa 25 km auf der jetzigen Fernverkehrsstraße E54. Am Grenzübergang übergaben die Grenzsoldaten die Ausweise den Grenzbehörden und hatten damit unsere Abschiebung nach Ungarn angeordnet und fuhren wieder zurück. Von den Grenzangestellten CSSR-Ungarn wurden uns die Ausweise beim Verlassen des Lands wieder ausgehändigt. Wir fuhren des Abends noch ohne geplante Übernachtung die ungarische Straße nach Süden weiter und übernachteten dann schließlich auf eigene Faust in der ungarischen Kleinstadt Mosonmagyarovar. Wir wussten immer noch nicht, warum das alles. Wir wollten zwar nach Ungarn aber in eigener Regie und eigentlich am Grenzübergang Komarno. Später wurde uns dann einges klar und mit dem jetzigen Informationsstand nach 1989 schon gar. Die Tschechen hegten den Verdacht, dass wir einen illegalen Grenzübergang nach Österreich vorhatten, eigentlich nur weil wir in gefährlicher Nähe zu Österreich einfach so unschlüssig herumstanden. Das reichte als Grund für diese Maßnahme und man wollte einfach keinen Ärger mit uns haben, obwohl wir offensichtlich nichts davon wussten, dass sich dort ein günstiger stark benutzter Fluchtort nach Österreich befand, denn der kleine Fluss March ist an einigen Stellen so flach, dass man schwimmend das östrreichische Ufer erreicht. Ein Denkmal für die Fluchtopfer befindet sich an Marchufer, den es haben viele diesen Fluchtort gewagt und verloren auch ihr Leben, genau so wie viele an der innerdeutschen Grenze zwischen 1961-1989. |
Siehe auch https://www.diepresse.com/1342992/gefahrlicher-grenzfluss-flucht-uber-die-march |