Episode:

während unserer  Radtour Bad Schandau - Budapest  1984
                            
25.05- 30.05.1984 (6 Tage)  mit  zwei 28er Touren
rädern ohne Gangschaltung
ca 1000 km  nach Fahrrad - km -Stand, ca. 900 km (nach Grobrechnung mit  Routenplanern)
Strecke: Bad Schandau-Decin-Kladno-Karlstein-Tabor-Mikulov-Bratislava-Mosonmagyarovar-Szekesfehervar-Budapest
Burkhard Fritz , Eichwalde;  Edgar Nönnig ,Thonhausen                                    


 

Der Charakter unserer Fahrt damals wäre oder ist heute eine sportlich kulturelle Aktivität, die Jugendliche selbstverständlich ohne politische Hindernisse beim Kennenlernen befreundeter benachbarter Länder unternehmen, ohne  politische  Überraschungen zu  erleben wie wir 1984. So war das bei unserer schon etwas außergewöhnliche Radfahrt bis Bratislava ursprünglich auch abgelaufen. Wir hatten gastfreundliche und nette Leute im Land CSSR erlebt. In Bratislava durften  wir sogar bei einer befreundeten Familie von Burkhard die Nacht verbringen und Gastfreundschaft erfahren und für einen Tag hatten wir unsere Räder dort abgestellt und erkundeten Stadt und Umgebung

Aber dann passierte uns eine Geschichte in Form einer abenteuerliche Unterbrechung, die wir nicht  erwartet hatten.
 
Bevor es in Richtung Budapest über die ungarische Grenze nach Komarno mit unseren Rädern weiter gehen sollte, sahen wir uns zu Fuß und Bus noch ein wenig in der slowakischen Metropole um. Wir folgten noch der  Idee, die Burg Devin zu besuchen. Von dort aus sollte man an bei guter Sicht bis zum benachbarten österreichischen Hauptstadt Wien schauen können. Die etwas außerhalb von Bratislava befindliche Burg erreicht man  per Linienbus. Die Burg  nennt sich auch Theben oder tschechisch Devinsko Hrad, befand sich  auch als Druckbild auf der Rückseite eines früheren  tschechischoslowakischen  Geldscheinscheins.  Auch damals verlief die Grenze nach Österreich  durch die Donau allerdings stark bewacht bei Devin aber auch von Norden kommend schon  bei eine kleinem Nebenfluss (die March). Die Grenze war Bestandteil des Eisernen Vorhangs zwischen Ost- und Westeuropa.  Also Burkhard und ich  fuhren unbefangen mit dem Bus zu dieser historischen Stelle um die Burg zu besichtigen. Es war allerdings an diesem Tag Montag (28.04.1984) und auch da war wie auch bei uns Besichtigungs-Ruhetag, was wir nicht bedacht hatten. Die Burganlage war leider geschlossen und  mein Radfreund und ich  schauten uns um nach Rückfahrtzeiten nach Bratislava mit dem Bus.
Plötzlich tauchte ein Militärjeep auf, hielt an und widmete sich uns, Ausweiskontrolle und was wir hier wöllten.  Aber das genügte nicht,  man nahm uns fest  verbrachte uns in den Jeep und fuhr mit uns davon. Wir wurden auf ein ländliches Revier gefahren, nach weiteren Umständen befragt, u.a. wo wir  in Bratislava zu Gast waren und mussten ohne weiter Erklärung den ganzen Nachmittag  warten. Es war  der Grenzschutz der CSSR. Am späten Nachmittag plötzlich wurden wir ohne großen Kommentar  wieder auf einen offenen Jeep verfrachtet. Neben uns zur Bewachung Soldaten mit Kalaschnikow, und der Jeep fuhr mit uns in das Bratislavaer Neubaugebiet, wo unsere slowakischen Gastgeber wohnten. Mitten im Feierabendgetümmel  mussten wir zwischen Bewohnern, die unterwegs waren, in die obere Etage des Neubaublocks und man klingelte  unsere Gastgeber heraus,  die uns ganz erschrocken  in dieser unerwarteten Begleitung überraschend wiedersahen. Die Grenzer hatten nämlich beschlossen, uns außer Landes zu bringen. Da wir ja mit  unseren Rädern, die bei unseren Freunden  abgestellt waren,  weiter nach Ungarn wollten,  sollten wir nun damit  zum Grenzübergang  Rajka fahren,  immerhin selbstständig  aber ohne Papiere, denn unsere Ausweise waren weiterhin vom Grenzschutz eingezogen. Es ging wenigstens noch so freundlich zu, dass unsere Gastgeber uns noch Stullen schmieren durften als Reiseverpflegung. Danach mussten wir uns verabschieden bei unseren Freunden, wir setzten uns auf unsere Räder und  fuhren in Begleitung des Militärjeeps in Richtung Grenzübergang Rajka. Das verlief  sogar recht locker, denn zunächst fuhr der Jeep voran und als die Ausfahrtsstraße gefunden war, auch hinterher oder war zeitweise gar nicht zu sehen.  Es waren etwa 25 km auf der jetzigen Fernverkehrsstraße E54. Am Grenzübergang übergaben die Grenzsoldaten die Ausweise  den Grenzbehörden  und hatten damit unsere Abschiebung nach Ungarn  angeordnet und fuhren wieder zurück. Von den Grenzangestellten CSSR-Ungarn wurden uns die Ausweise beim Verlassen des Lands wieder ausgehändigt.  Wir fuhren des Abends noch ohne geplante Übernachtung  die ungarische Straße nach Süden weiter und übernachteten dann schließlich auf eigene Faust  in der ungarischen Kleinstadt 
Mosonmagyarovar.
Wir wussten immer noch nicht, warum das alles. Wir wollten zwar nach Ungarn aber in eigener Regie und eigentlich am Grenzübergang Komarno. Später  wurde uns dann einges klar und mit dem jetzigen Informationsstand  nach 1989 schon gar. Die Tschechen hegten den Verdacht, dass wir einen illegalen Grenzübergang nach Österreich vorhatten, eigentlich nur weil wir in gefährlicher Nähe zu Österreich  einfach so unschlüssig herumstanden. Das reichte als Grund für diese Maßnahme und man wollte einfach  keinen  Ärger mit uns haben, obwohl wir  offensichtlich  nichts davon wussten,  dass sich dort ein günstiger  stark benutzter Fluchtort nach Österreich befand, denn der kleine Fluss March ist an einigen Stellen so flach, dass man schwimmend das östrreichische Ufer erreicht.
Ein Denkmal für die Fluchtopfer befindet sich an Marchufer, den es haben viele diesen Fluchtort gewagt und verloren auch ihr Leben, genau so wie viele an der innerdeutschen Grenze zwischen 1961-1989.


Siehe auch
https://www.diepresse.com/1342992/gefahrlicher-grenzfluss-flucht-uber-die-march