Transalai-Expedition 1989 zum Pik Lenin (7.134 m)
 

Aufzeichnungen der Bergtour von 1989; aus dem Tagebuch von Edgar Nönnig.
Überarbeitete Abschrift vom Juni 2000.
 

Teilnehmer:


Zeitraum:  25. Juli bis 15. August 1989

Reisebedingung:  „modifizierte“ Individualreise
 


25. Juli 1989
- Ankunft in Moskau um 19:30 Uhr.
- Dort Fahrt ins Hotel „Belgrad 2“ (wie bereits im Jahr 1988).
- Anruf bei Olafs Freund in Moskau wegen einem Kocher.
 

26. Juli 1989

- Vom Hotelpersonal wurde uns zunächst offenbart, daß es mit dem Weiterflug nach Taschkent nicht klappt. Schließlich bemühte man sich aber doch noch.
- Olafs russische Kumpel trafen ein und brachten uns einen Benzinkocher vom Typ „Schmel“ mit.
- Mittags Weiterflug mit einer IL 86, vom Flughafen Moskau-Domodedowo nach Taschkent.
- In Taschkent meldeten wir uns nicht erst bei Intourist (Voraussetzung für den Flug nach Taschkent war eine Stadbesichtigung, organisiert vom sowjetischen Reisebüro Intourist. Ohne diese Dienstleistung
  zu bezahlen, hätten wir die Flüge nach Zentralasien nicht erhalten).

- Im Flugzeug nach Taschkent trafen wir eine Gruppe Biologiestudenten (Christine, Maud von der Lampe, Joachim aus Rostock). Sie wollten ins Sugrantal, um sich dort nach Pflanzen und Tieren
  umzuschauen, sowie Käfer und Insekten zu sammeln. Mit ihnen blieben wir die ersten Tage zusammen.

- Das nächste Reiseziel lautete Duschanbe. Nach Flugkarten (von Taschkent nach Duschanbe) konnten wir aber erst am nächsten Tag erkundigen. Gegenüber 1986 hatte man die Schalteröffnungszeiten
  weiter reduziert.

- Mit Maud fuhr ich in einem Taxi zum Südbahnhof, wo wir uns über Zugverbindungen informieren wollten. Es fuhren täglich zwei Züge von Taschkent nach Duschanbe. Doch es schien recht schwierig zu sein,
  an Fahrkarten heranzukommen.

- Wir übernachteten in der Etage über dem „Intourist-Büro“ von Taschkent, auf dem Boden.

27. Juli 1989

- Es herrschte Chaos und Hysterie bei der Vergabe von Flugtickets am Flughafen. 1986 konnte man sich noch anstellen, d.h. in einem Menschenhaufen mit drängeln. Diesmal wurde die Glastür zum
  Schalterraum durch zusätzliches Personal bewacht, das relativ willkürlich oder nach undurchsichtigen Prinzipien nur bestimmte Leute mit Handzetteln durchließ. Nach geraumer Zeit gelang es jedoch, 
  unsere „marschrut“ (in russisch verfaßte Reisebeschreibung) abzugeben. Daraufhin durfte ich als Einziger von uns in den Schalterraum, wo das Warten erneut begann. Als ich schon fast an der Reihe war, 
  durchbrachen durch Unachtsamkeit des Türbewachers alle wartenden Leute (ca. 30 Personen) die Glastür und stürmten an die zwei Schalterfenster, so daß ich unweigerlich weggedrängt wurde. Die 
  günstige Standposition war somit wieder verloren.

- Wir erhielten für die nächsten Tage nur 3 Flugtickets nach Duschanbe (für Olaf, Axel und Roland). Die anderen drei und ich fuhren deshalb zum Bahnhof (Jushni voksal), wo wir uns um Zugkarten bemühten.
  Die Schalterhalle war wieder voll und man teilte uns mit, daß es für die nächsten Tage keine Zugkarten mehr gibt. Ein deutschstämmiger Russe half uns aber weiter. Er ging mit uns zum
  Aufsichtshabenden  des Bahnhofs (neben dem Auskunftsbüro). Dort erklärte ich unser Anliegen und legte das „marschrout-Schreiben“ vor. Der Beamte ging daraufhin mit mir zu einem Schalter, wo wir 
  sogleich unsere 4 Zugkarten erhielten.

- Die Abfahrt erfolgte ca. 15:00 Uhr, bei einer Fahrzeit von 19 Stunden. Die Strecke führte über Samarkand, Thermes und entlang der afghanischen Grenze.  
 

28. Juli 1989

- In Duschanbe wurden wir von Olaf, Axel und Roland empfangen. Sie hatten inzwischen erfahren, daß Flugtickets (für unser weiters Ziel Dshirgatal) nur im Hotel Tadshikistan zu bekommen sind. Dies klappte
  dann auch ohne Schwierigkeiten für alle Teilnehmer.

- Anschließend Stadtbummel in Duschanbe. Übernachtung auf der Wiese vor dem Flughafen. 

29. Juli 1989

- Früh 6:30 Uhr erfolgte der Abflug mit einer AN 28 nach Dshirgatal, bei ca. 1 Stunde Flugdauer. Pro Tag fliegen auf dieser Linie 5 Maschinen.
- In Dshirgatal mußten wir zum Registrierungsbüro und das „marschrut-Schreiben“ erneut vorzeigen.
- Der Fahrer eines bereit stehenden LKW wollte uns mit dem gesamten Gepäck nach Darau Kurgan (Kirgisien) fahren, mit Umweg über Ljachsch, um dort die Biologiestudenten abzusetzen. Er forderte
  jedoch eine hohe Geldsumme. Wir stimmen aber erst zu, nachdem er uns einige Kilometer aus dem Ort gefahren hatte und mit seinem Fahrzeug auf der Landstraße anhielt. Er setzte uns damit unter
  Druck. Wir fuhren weiter bis 15:00 Uhr. Dabei führte die Strecke über einen hohen Paß. Mehrfach mußte der Fahrer unterwegs anhalten, um den Motor zu kühlen.

- Karamyk war die erste kirgisische Ortschaft, die wir erreichten. Der Fahrer verlangte den gesamten Geldbetrag schon vor der Ankunft. Wir übergaben aber nur einen Teil. Als wir ankamen, forderte er auf
  einmal noch 50 Rubel zusätzlich, dazu Tee und Schnaps, was wir natürlich ablehnten.

- In meinem Rucksack ist das Pemmikan ausgelaufen und der ganze untere Rucksackteil mit Fett verschmiert.
- Weiter ging es mit dem LKW einer Kooperative bis zur Brücke über den Kysyl Su. Wieder gab es mit dem Fahrer Streit. Dieser wollte uns ursprünglich für 60 Rubel bis zum Basislager fahren, hielt aber
  schon nach 40 km an der Kysyl Su-Brücke an. Als wir ihm daraufhin nur einen Teil des Geldes gaben, folgte eine lange Diskussion. Dann fuhr er wütend zurück, daß man dachte, der LKW fällt auseinander.

- Die Transalaikette lag in Wolken. Wir liefen ein wenig über die Ebene, fürchteten aber in die falsche Richtung zu gelangen, da außer Fahrspuren kaum Orientierungshilfen vorhanden waren.
 -In einer Schäferei holten wir Wasser und Auskunft. Wir wurden in einen „Gästewagen“ des Schäfers, einem Holzwagen mit Liegeplätzen, zum Tee eingeladen. Es gab Tee, Fladenbrot und Sahne.
- In der Schäferei erhielten wir die Auskunft, weiter zu Fuß einen Weg entlang zu gehen, an dem noch Leitungsmasten stehen. Am Ende der Masten sollten wir nach rechts und weiter oberhalb an einer
  Gabelung nach links abbiegen. Als wir uns in Marsch setzten, fing es an zu regnen. Der lehmige Boden begann schlammig zu werden. Dann hörten wir ein Motorengeräusch und kurz darauf kam ein LKW. 
  Es war bereits 18:00 Uhr. Der LKW war mit getrocknetem Dung und Holz beladen, doch wir konnten mitfahren. Der LKW fuhr auch in die Nähe des Basislagers. Obwohl es kalt, naß und windig war, sind wir
  doch froh, so schnell voranzukommen.

- Ca. 2-3 km unterhalb des Basislagers erreichten wir das Ziel der Fahrt. Dort befand sich eine Weidewiese mit Holzhütten und eine Jurte. Der LKW-Fahrer wollte für die Fahrt nichts haben. Wir übergaben
  ihm dennoch eine Flasche Schnaps. Die erreichte Höhe betrug ca. 3.500 m.

- Dann Zeltaufbau. Wir wurden in das Holzhaus eingeladen, das wie eine Jurte eingerichtet war. In dem Raum wohnte eine Familie mit einigen Kindern. Es gab Abendbrot, bestehend aus Tee, Fladenbrot und
  im Gegensatz zu tadshikischen Mahlzeiten Kumys (Kumys ist gegorene Stutenmilch, ein Getränk, bei dem ich mich sehr überwinden mußte). Draußen regnete es. Da aber in der Hütte das Dach undicht
  war, wurde es langsam ungemütlich. Es tropfte mir auf den Kopf und mit den Knien saß ich in einer Pfütze. Als dann eine schwarze Brühe über den Eßtuch lief, war die Fete beendet und wir krochen in 
  unsere Zelte. Es regnete dann die ganze Nacht weiter. Unser Salewa-Zelt blieb dicht. Im Zelt „Zgorze“ von Roland und Axel wurde es aber langsam naß.
 

30. Juli 1989

- Erstes Frühstück aus eigenem Rucksack (Brot, Käse, Tee).
- Wetter bedeckt, Mittag etwas besser. Mittags wurde uns wieder Kumys gereicht. Dieses Getränk besitzt einen leichten Alkoholanteil. Diesmal sollten wir zusammen mit Kirgisen gleich mehrere Krüge
  trinken.

- Es wurde eine Art Wetttrinken veranstaltet. Jeder bekam eine große Schale und mußte sie auf ex austrinken. In dem Getränk schwammen graue Flocken. Reihum mußte jeder seine Schale leeren. Wenn
  man nicht mehr konnte, durfte man die Hand heben und schied aus der Runde aus. Dies ist aber blamabel. Deshalb versuchte ich ein wenig durchzuhalten. Mit größtem Widerwillen und „Augen zu“ hatten
  wir das Zeug vertilgt. Nur Roland hielt besonders lange durch. Es mußten zuvor schon Kirgisen die Hand heben. Er erhielt daraufhin den Titel „Champion“.

- Nachmittags kleine Akklimatisationstour am befestigten Basislager vorbei bis zur sogenannten „Zwiebelwiese“ in Richtung Mehlpaß, und wieder zurück. Man konnte das Basislager links im Gletscherbett
  ungesehen umgehen. Insgesamt dauerte die Tour 4 Stunden.

- Abends Einladung in die Jurte. Hier wohnte der Bruder des Kirgisen von der Holzhütte. Vom Eingang links: Küchengeräte der Frau. Geradeaus: Sitzstellen für den Hausherrn und Gäste. In der Mitte: ein
  kleiner Ofen. Es regnete wieder und auch über das mit Fell gespannte Dach drang Wasser herein, so daß es schnell ungemütlich wurde.
 

31. Juli 1989
- Sonnenschein. Trocknen der nassen Sachen. Abbau der Zelte. Aufstieg bis zum Mehlpaß in ca. 6 Stunden. Kurz unterm Mehlpaß befand sich eine zum Zelten gut geeignete Wiese.
 

01. August 1989
- Marsch zum Lager 1. Einrichten unseres Basislagers. Es befand sich auf dem Leningletscher, ca. 2 km vor dem Aufstiegshang.
- Dort befand sich auch ein großer Teil des internationalen Zeltlagers, welches über Hubschrauber versorgt wird. Anwesende Nationalitäten: Russen, Deutsche, Österreicher, Italiener, Bulgaren, Spanier und Japaner.
 

02. August 1989
- Früh minus 10°C. Von 10-17:00 Uhr erfolgte der Aufstieg zum Lager 2 (5.200 m). Unterwegs Spaltengefahr. Wir seilten uns an den kritischen Stellen an.
- Zeltaufbau im Lager 2. Wir vier nutzten dort gemeinsam mein 2-3 Personen Salewa-Zelt. Dazu legten wir schon einigen Proviant in ein Depot für den späteren Aufstieg.
- Beide Kocher brannten in dieser Höhe noch mit Benzin.
 

03. August 1989
- Im Zelt war es über Nacht doch sehr eng, so daß Olaf nicht noch einmal so schlafen wollte.
- Von 10:00 bis 16:00 Uhr erfolgte dann der Aufstieg ins Lager 3 (6.000 m).
- Abends ein wenig Schneefall und Nebel. Das Zelt konnten wir an einem von unseren Vorgängern präparierten Platz aufstellen. Wir fühlten uns recht gut, so daß ich mit Roland beschloß, noch am gleichen Abend den nahe gelegenen Pik Rasdelnaja (6.148 m) zu besteigen.
- Über leicht geneigtes Gelände hatten wir dann auch vom Lager 3 aus nach ca. 45 Minuten Aufstiegszeit den Gipfel erreicht.
- Als ich gegen 10:00 Uhr in das Zelt kroch, spürte ich keinerlei Beschwerden bzw. Anzeichen von Höhenkrankheit. Weder Kopfschmerzen noch Appetitlosigkeit machten sich bemerkbar.
 

04. August 1989
- Wir wollten ins Lager 2 absteigen, um am nächsten Tag erneut aufzusteigen.
- Früh kramte ich ungewöhnlich lange herum; ich war ein ganz anderer Mensch, ohne Energie und Willen. Wir brauchten eine Ewigkeit, ehe wir das Zelt abgebaut hatten. Olaf und Axel sind inzwischen vorausgegangen. Es schneite und war nebelig. Roland und ich folgten viel zu langsam, da ich nicht schneller konnte. Einmal „fuhr“ ich ein wenig bergab. Wir holten die anderen aber nicht mehr ein, erreichten auch nicht das Lager 2. Deshalb bauten wir bereits auf halbem Weg das Zelt auf und übernachteten allein. Olaf und Axel hatten es bis Lager 2 geschafft. Sie fanden dort Unterkunft in einem Zelt bei russischen Bergsteigern.
 

05. August 1989
- An diesem Tag verschlechterte sich mein Zustand weiter. Ich kam kaum noch vorwärts und mußte mich ständig hinsetzen; konnte den Rucksack nicht mehr tragen. Russen halfen mir zusätzlich beim Abstieg. Wir erreichten schließlich Lager 2. Ich litt an der Wahnvorstellung, daß uns die Russen Ausrüstung wegnehmen wollten (nicht ganz unbegründet, wie sich später an anderer Stelle noch herausstellen sollte).
- Wir trafen noch andere Deutsche, die mir dann beim weiteren Abstieg halfen. Ich wurde immer schwächer und willenloser.
- Weiterer Abstieg bis 5.000 m. Hier körperlicher und mentaler Tiefpunkt. Dann Zelten, Alpträume. Black outs, Filmriß.
 06. August 1989
- Trotz des weiteren Abstiegs regenerierten sich meinen Kräfte nicht mehr. Mir mußte bis ins Lager 1 weiter geholfen werden; eine ganz schöne Zumutung und Leistung für Axel und Roland.
- Lager 1: endlich ausruhen. Aber mein Zustand änderte sich nicht so schnell. Ich ging ein wenig herum, mußte aber immer wieder schnell verschnaufen. Außerdem hatte ich Schwierigkeiten beim Atmen.
- Wir begingen beim Aufstieg einen elementaren Fehler. Da diesmal keine Anmarschakklimatisation wie 1986 (Fan) und 1988 (Pamir) den Aufstieg begünstigte, hätten wir mehr Anpassung am Berg betreiben müssen. Tückisch war, daß keine körperlichen Beschwerden auch nur andeutungsweise auftraten. So hatten wir eine schnelle Aufstiegsvariante gewählt.
- Auch war für mich der Abstieg ins Lager 1 (4.200 m) nicht ausreichend tief genug, um sich schnell wieder zum regenerieren.
Hier mein besonderer Dank Henrik Modes aus Leipzig, der mich über wesentliche Strecken von  Lager 3 und 2  aufopferungsvoll mit heruntergeschleppt hat und mir somit das Leben gerettet hat !
Viele Details hatte ich während der für mich dramatischen Zeit damals schon  völlig aus dem Gedächtnis verloren. Erst vor kurzem wurde ich über den vollen Umfang des Abstiegs,
den ich nicht ohne fremde Hilfe geschafft hätte, informiert.

07. August 1989
- Ruhetag. Ich entdeckte an mir Erfrierungen an den Fingern.
- Axel, Roland und Olaf bereiteten sich für den Aufstieg am nächsten Tag vor. Von ihnen hatte keiner Probleme.
- Ich ziehe allein in das polnische Zelt, die anderen nehmen das Salewa-Zelt für den Aufstieg.
 

08. August 1989
- 8:00 Uhr brechen Axel, Roland und Olaf bei zunächst klarem Wetter bis oberhalb von Lager 2 auf.
- Nachmittags Gewitter mit Graupelschauern, dann bis in die Nacht hinein Schneefall.
- In der Nacht mußte ich mehrfach aus dem Zelt, um Schnee zu beseitigen. Die Temperatur betrug um die 0° C.
 

09. August 1989
- Axel, Roland und Olaf stiegen ins Lager 3 auf. Oben entdeckten sie, daß unser beim ersten Aufstieg angelegtes Depot ausgeraubt war. Nur noch Brennstoff war vorhanden. Westdeutsche und Japaner gaben ihnen etwas von ihrem Proviant ab.
- Ich absolvierte einen kurzen Besuch zum japanischen Zeltlager (dort kleines Gespräch in japanisch).
- Auch befanden sich einige weitere DDR-Gruppen im Lager 1; u.a. Bekannte von Matthias Sela aus Leipzig, den ich 1986 im Fan-Gebirge kennengelernt hatte.
 

10. August 1989
- Ich stieg bis zu den Spalten auf, an denen gesichert werden mußte, und kehrte dann um. Es ging mir wieder relativ gut und ich dachte darüber nach, ob ich vielleicht nochmals mit einer anderen Gruppe einen Aufstiegsversuch wage.
- Nachmittags kam Olaf zurück. Er ist nicht mit Roland und Axel früh zum Gipfel aufgebrochen. Wegen Durchfall mußte er absteigen und aufgeben.
- Roland und Axel erreichten an diesem Tag vom Lager 3 aus (6.000 m) den Gipfel und kehren zurück zu ihrem Zelt.
- Das Wetter war blendend schön, völlig wolkenlos und mit sehr guter Fernsicht.
 

11. August 1989
- Nachmittags Rückkehr von Axel und Roland vom Lager 3 (6.000 m).
- Ausgiebiges Essen.
 

12. August 1989
- Früh war es kalt und es schneite. Keiner hatte richtig Lust aufzustehen.
- Am Nachmittag Abbau der Zelte und Abmarsch bzw. Abstieg zum Lager 1. Mit kurzer Unterbrechung schneite es den ganzen Tag. Hinter dem Mehlpaß ging der Weg in Schlamm über und es wurde äußerst glitschig.
- Auf der Zwiebelwiese wurden wir im Versorgungszelt der ukrainischen Gruppe mit Tee und Speck versorgt.
- Im festen Basislager fragten wir nach Transportmöglichkeiten. Dabei kam es zu einem unersprießlichen Gespräch und sogar zu Handgreiflichkeiten mit dem Lagerleiter.
- Roland trifft die Leipziger Bergsteigergruppe um Klinger und Wittig, die soeben vom Pik Leipzig zurück kamen und auch noch den Pik Lenin besteigen wollten.
- Etwas Mißstimmung zwischen uns. Die Zelte bauten wir wieder auf der Kirgisenwiese neben der Jurte auf.
 

13. August 1989
- Es herrschte schönes Wetter. Wir verkauften bzw. verschenkten verschiedene Dinge (u.a. Seile), die wir wegen dem Übergepäck nicht wieder mit heim nehmen wollten.
- Nochmalige Einladung in die Jurte, während wir auf einen LKW warteten, der uns nach unten bringen sollte.
- Für nur 5 Rubel pro Person fuhren wir schließlich mit dem LKW zurück bis an die Brücke über den Kysyl Su. Unterwegs Ausweiskontrolle. Ein Schaf wurde noch auf die Ladefläche befördert. Da der Fahrer im Wahnsinnstempo fuhr, konnten wir das Tier nur bedauern.
  Es geriet dann auch mit dem Bein in eine Fuge und verletzte sich. Wir selbst waren nach der Fahrt wie gerädert.

- Wir lernten eine Gruppe aus dem Altaigebiet kennen, die auch nach Osch (Kirgisien) fahren wollten.
- Die zweite Tageshälfte warteten wir an einer Bushaltestelle, aber es kam kein Fahrzeug vorbei, das uns mitnahm. Die Kaufhalle des Ortes Karawasu hatte nichts Eßbares. Es war Sonntag.
- Abends stellten wir neben den Leuten aus dem Altai unsere Zelte auf und wurden noch zu einem Abendessen in ihr Zelt eingeladen.
 

14. August 1989
- Früh sollte ein Bus über Sary Tasch nach Osch fahren. Doch wir konnten mit einem schon vorzeitig ankommenden Bus weiterfahren. Die Russen aus dem Altai wollten auf den nächsten Bus warten.
- Im Bus befand sich bereits eine Künstlergruppe aus Fergana. Auch deshalb ging es recht stimmungsvoll zu. Man gab uns verschiedenes zum Verkosten (u.a. Hammelfleisch). Fast während der gesamten Fahrzeit hatten wir im Bus Musik gehört (usbekische Folklore).
- Bei Sary Tasch erneut Ausweiskontrolle (Grenzgebiet zu China). Über den Fluß hinweg blickten wir auf die chinesische Seite mit seiner Berglandschaft.
- Im Verlauf der Weiterfahrt quälte sich unser Bus einen über 3.000 m hohen Paß hinauf. Dann die zweite Militärkontrolle. Unsere Ausweise und auch das „marschrut-Schreiben“ mußten vorgelegt werden.
- In Gultscha gab es Mittagessen; Suppe mit einem äußerst scharfen Gewürz. Kurz vor Osch ging dann der Bus kaputt; die Frontscheibe war verrutscht.
- Die ganze Fahrt kostete uns nur einen Freundschaftspreis von zusammen 30 Rubel.
- In Osch erneutes Wiedersehen mit der Gruppe aus dem Altai.
- Wir fuhren mit einem Bus vom Busbahnhof zum Flughafen von Osch. Dort waren kaum noch Flugtickets nach Dshirgatal zu bekommen. Doch dafür konnten wir noch am selben Abend nach Moskau weiterfliegen, für 60 Rubel. Wir nahmen den Flug und kauften zuvor
  noch einige Pfirsiche und Weintrauben.

- Um 22:10 Uhr erfolgte dann der Nachtflug nach Moskau, mit einer Zwischenlandung in Orenburg.
 

15. August 1989
- Landung auf dem Inlandflughafen Moskau-Domodedowo. Von dort mit dem Bus zum internationalen Flughafen Moskau-Scheremetjewo.
- Anfangs traten wieder Probleme mit dem Weiter- bzw. Rückflug in die DDR auf. Für die nächsten Tage sollte es überhaupt keine Flugtickets, weder nach Berlin, Leipzig, Prag oder Warschau, mehr geben. Im Interflug-Büro wurde uns aber mitgeteilt, daß durchaus
  Chancen bestehen, an Flugkarten heranzukommen. Wir sollten uns am Abfertigungsschalter mit anstellen und dort auf nicht besetzte Plätze warten.

- Auch wenn vieles durcheinander lief, hatten wir damit Erfolg. Als erster konnte Olaf mitfliegen. Er erhielt den Vorzug, weil es ihm sehr schlecht ging. Doch auch wir drei bekamen noch Tickets für einen Mittagsflug in die DDR.
- Im Flugzeug las ich nach langer Zeit wieder ein „Neues Deutschland“ (DDR-Zeitung). Danach war alles unverändert in der DDR; u.a. erfüllten Erntekapitäne den Plan in der sozialistischen Landwirtschaft.
- Bei der Ausreise aus der Sowjetunion und der Einreise in die DDR gab es keinerlei Probleme.
 


Nachbemerkungen:

- Die Biologiestudentin Maud von der Lampe schwimmt über die Oder, um nach Warschau in die westdeutsche Botschaft zu gelangen. Sie landete dafür (kurzzeitig) im Gefängnis.
- Maud ist inzwischen verheiratet mit Olaf.
- Politische Wende in der DDR im Jahre 1989.
- 1990, fast zur selben Jahreszeit, ereignete sich ein großes Lawinenunglück am Pik Lenin mit über 40 Toten. Ausgelöst durch ein Erdbeben, verschüttet eine etwa 1 km breite Lawine das Lager 1.
 


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